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Case #1: Customer Experience im Wandel

Letzte Woche war ich mit meinem Auto beim TÜV. Eine Situation, vor der ich - bedingt durch „schwierige“ Erfahrungen in meiner Jugend - auf jeden Fall großen Respekt habe. Von damals (Mitte der 90er Jahre) kenne ich den TÜV eher als schwer zu überwindende Instanz, die meinem motorisierten Glück mehr im Wege stand als irgendetwas Anderes. Grundsätzlich ist daher ein TÜV-Termin nach wie vor für mich eher kein Ereignis, bei dem ich in irgendeiner Art und Weise „Customer Experience“ erwarte. Im Gegenteil – ich bin meist heilfroh, wenn ich ohne angemotzt zu werden irgendwie durchkomme.

 

Randnotiz: Aus Anbietersicht ist diese Grundhaltung des Kunden meiner Ansicht nach eigentlich ideal. Denn der Anbieter kann hier fast nur gewinnen – zumindest gibt es ein großes Potenzial. Denn die „Absprungbasis“ um Kundenzufriedenheit zu verbessern ist sehr niedrig und (zumindest meine) Erwartungshaltung war bei dem o. g. Termin gleich null.

 

Mit dieser Grundhaltung fuhr ich also zum TÜV und erlebte an der Kasse mein erstes unerwartetes Wow-Erlebnis: ich wurde sehr freundlich bedient, mir wurde die exakte Wartezeit genannt und: ich bekam einen kostenlosen Kaffee zur Überbrückung angeboten, und das, obwohl ich ohne Voranmeldung gekommen war. Und es ging weiter: als ich dann dran war begrüßte mich der Prüfer mit Handschlag und einem Lächeln(!). Ich war begeistert, vermutete aber, ob der oben genannten Erfahrungen, dass es einen mehr oder weniger gewaltigen Haken hinter dieser Freundlichkeit geben wird. Und dieser schien sich auch gleich anzubahnen, als der Prüfer die Motorhaube öffnete und feststellte, das die Polabdeckung der Autobatterie nicht mehr vorhanden war. Ich stellte mich mehr oder weniger auf einen Anschiss ein. Der Prüfer ging auch sofort ohne Worte ins Büro. Als er wiederkam dachte ich also: das war’s. Aber der Prüfer setzte eine neue Polabdeckung auf die Batterie und sagte mit einem Lächeln im Gesicht: „ham se die alte wohl verloren“. Als wäre das nicht genug, war die angebrachte Ersatzkappe sogar kostenlos. Die restlichen Checks überstand mein Auto ohne Mängel und ich fuhr verdutzt und um eine Erfahrung reicher mit frischem TÜV vom Hof.

 

Message: Meine Erwartungshaltung war also die Basis meiner Interpretation des gelebten Kundenservices. Denn sie definierte quasi die Baseline, von der ausgehend ich die Leistung als gut oder schlecht wahrnahm. Allgemein gesagt hängt unsere Bewertung, z. B. bei Google also sowohl maßgeblich von unserer Erwartungshaltung, als auch natürlich von der erbrachten Leistung des Anbieters ab. Entscheidend für diesen wird es daher sein, die Erwartungen seiner Kunden zu kennen und das Service-Portfolio entsprechend auszurichten. Aber: Erwartungshaltungen sind nicht in Stein gemeißelt und verändern sich über die Zeit. Und bei meinem nächsten TÜV-Besuch ist diese Art Service sozusagen als Hygienefaktor (der nicht unbedingt Begeisterung hervorruft) bereits eingepreist. Es nützt dem Anbieter also nichts, sich auszuruhen. Vielmehr muss es für ihn gelten, dauerhaft am Puls der Kundenwünsche zu bleiben, die Leistungen ständig auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf anzupassen. Trotzdem würde ich beim nächsten Besuch und bei gleicher Leistung wohl wieder 5 Sterne vergeben. Die hätte ich in den 90ern (wenn es da bereits Google Reviews gegeben hätte) übrigens auch vergeben, aber vermutlich bereits dann, wenn die Liste der Mängel an meinem 1er Golf nur eine Seite umfasst hätte  ;).

 

Hattet ihr ähnliche Erlebnisse? Ich freue mich darüber zu erfahren.

 

Viele Grüße, Sebastian

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